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Geplanter Stellenabbau

Erneuter Protest vor Conti-Werk

Dienstagabend organisierte die Gewerkschaft IG Metall vor dem Werkstor von Continental eine Mahnwache. Es ist die dritte Streikaktion seitdem bekannt ist, dass der kriselnde Autozulieferer deutschlandweit bis zu 13.000 Stellen streichen möchte. „Es ist fünf vor zwölf“, so die Message.

Mitarbeiter von Continental legten hunderte Grablichter vor das Werkstor. Noch geben sie nicht auf. Foto: bm

Es ist Dienstagabend 22.30 Uhr. In einer halben Stunde endet die Spätschicht im Continental-Werk in der Siemensstraße. Bereits jetzt trudeln allmählich die Kolleginnen und Kollegen der Nachtschicht ein. Mit warmem Kaffee und einem alkoholfreien Bier zur Stärkung warten bereits Vertreter der IG Metall. „Wir wollen noch einmal ein deutliches Signal nach Hannover senden“, wiederholt Rico Irmischer, Geschäftsführer der IG Metall in Regensburg, gelegentlich das Anliegen. Dort tagt am Dienstag und Mittwoch der Aufsichtsrat von Continental. Themen sind dabei der geplante bundesweite Stellenabbau und die komplette Schließung des Reifenwerks in Aachen – 1.800 Angestellte sind dort beschäftigt.

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In Regensburg sind laut Gewerkschaft bis zu 2.100 Arbeitsplätze bedroht. „Sollte es wirklich dazu kommen, wäre das für die Stadt ein harter Schlag“, so Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, die ebenfalls vor Ort ist. Schon am 10. September hatte sie bei einer ersten Streikaktion per Audiobotschaft klar gestellt: „Wir stehen hinter euch.“ Dies wolle sie nun noch einmal bekräftigen. Der Gewerkschaft und der Arbeitgeberseite habe sie bereits angeboten, zu einem runden Tisch ins Rathaus zu laden, sobald die bisherigen Gesprächsversuche vorbei sind.

Oberbürgermeisterin bietet runden Tisch an

Dass es überhaupt soweit gekommen ist, das verstehe sie unterdessen nur bedingt. „Ich hatte eigentlich gehofft, dass die Umstrukturierung genutzt werden könnte, um Arbeitsplätze zumindest zu erhalten. Denn die Umstellung auf neue Technologien bietet ja wirklich viele Chancen.“ Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Boston Consulting Group kommt zu dem Schluss, dass durch den Umstieg auf die Produktion von E-Autos Autobauer zwar langfristig weniger Mitarbeiter benötigen werden. Diese Arbeitsplätze würden jedoch nicht verloren gehen, sondern vielmehr in anderen Bereichen neu geschaffen werden. Wenn die hiesigen Autobauer nicht reagieren, könnten diese Jobs aber bald in andere Länder verlagert werden.

Das Ergebnis der Aufsichtsratsitzung am 30.September könnte für viele Beschäftigte das Aus bedeuten.

Auch deshalb sei es bereits fünf vor zwölf, wie eine riesige aufblasbare Uhr gegenüber dem Werkstor am Dienstag zeigt. Neben dem Eingang legen Mitarbeiter immer wieder kleine Grablichter ab, manche machen dabei auch Selfies. Andere stehen in kleinen Grüppchen und plaudern noch bevor die Schicht angetreten wird. Die Stimmung scheint auch weiterhin gut zu sein, auch wenn niemand genau wisse, was am Ende der Aufsichtsratssitzung für ein Ergebnis stehen wird. „Wir können nur abwarten und weiterhin aber für unsere Jobs auf die Straße gehen“, erklärt eine Frau. Ein Mann ist extra aus Ingolstadt angereist. Er arbeitet dort bei Audi, wo ebenfalls bis zu 6.000 Stellen wegfallen könnten. „Wir müssen uns gegenseitig unterstützen.“ Schließlich sei die gesamte Branche am Ende betroffen.

„Asozial, Scheißegal, Continental“

Auch die Partei DIE PARTEI beteiligt sich an der Mahnwache. Kurz vor halb elf kommen sie als Trauermarsch mit Fackeln und einem Sarg vor dem Tor an. Schon am Nachmittag hatten sie um das Werksgelände herum mehrere Plakate aufgestellt. „Da Conti kotzen“ oder „Asozial, Scheißegal, Continental“ ist darauf zu lesen. Wie Stadtrat Ingo Frank erklärt, seien die Stellenstreichungen aber durchaus plausibel. „Wir sollen ja derzeit alle Sicherheitsabstand halten. Diesen fordern wir daher auch zum Arbeitsplatz.“ Seine Parteikollegin und Kreisvorsitzende Peggy Preis ist selbst bei Conti angestellt und von dem Stellenabbau betroffen.

„Da Conti i kotzen”, meint DIE PARTEI.

Kurz nach 23 Uhr beendet Rico Irmischer schließlich die Mahnwache. „Wir kämpfen bis zum Schluss und werden nicht locker lassen.“ Auch in den kommenden Tagen werde es daher noch zu weiteren Aktionen kommen.

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Kommentare (6)

  • Bjoern Pe

    |

    In Zeiten, wo die Mitbestimmung der Betriebsräte immer weiter unterlaufen wird (Werkverträge, Leiharbeit) und das BetrVG von Gerichten immer öfter zu Gunsten der Arbeitgeberseite ausgelegt wird, wundert das noch jemanden?
    Das Sagen in unserer Industrie haben Leute, die darin noch nie einen Handschlag gearbeitet haben. Aktionäre und der liebe Geldadel.
    Dabei sind die Mitgliedszahlen bei den Gewerkschaften rückläufig. Häufig aus reinem Egoismus (1% vom brutto…. mimimi…), aber immer aus reiner Dummheit!
    Die Gewerkschaften sind das letzte Mittel um ein Kräftegleichgewicht zu erreichen.
    Dazu ist aber ein Organisationsgrad von 75% oder mehr zwingend notwendig.
    Ja, der Dogmatismus und das Schwenken der alten Fahnen von 18schlagmichtot der Gewerkschaften nervt mich auch maximal. Und die Uhr steht auch schon seit 200 Jahren auf 5 vor 12. Das geht besser, das geht moderner!
    Der klassische Arbeiter ist ein auslaufendes Modell, heute ist Digitalisierung und Bildung das Pfund mit dem man wuchern muss.
    Eine Alternative zur Gewerkschaft gibt es trotzdem nicht.

    Liebe Conti Mitarbeiter,
    ich hoffe jeder und jede von euch finden eine qualifizierte Anschlussbeschäftigung und euere Lebensplanung geht für euch positiv aus!
    Von meiner Solidarität könnt ihr euch nichts kaufen, das ist mir schmerzlich bewusst.

    @Alle
    Hunderte Firmen haben ihre Arbeitsplätze schon ins Ausland verlegt, aber die meisten diese auch zurück geholt. Denn unser Standort Deutschland ist eine Adresse für Qualität, Wissen und auch im Bezug auf die Lohnstückkosten. Denn unsere Produktivität ist weltweit immer noch spitze.
    Und wir sollten aufhören uns unter Preis zu verkaufen, damit es dem Geldadel noch mehr zu den Ohren raus kommt.

    Ich habe nichts gegen Unternehmer. Die haben eine Idee, die haben das Risiko, die führen ihr Unternehmen. Und sie geben den Menschen Lohn und Brot. Die dürfen sich auch gerne eine goldene Nase verdienen, wenn es nicht zu Lasten der Mitarbeiter geschieht.
    Aber ich habe was gegen Spekulanten und Manager, und gegen diese ganz massiv! Da wird nur bis zum nächsten Quartalsbericht gedacht oder bis zum goldenen Händedruck. Menschen? Zählen da nicht…

  • joey

    |

    Harman ging aus Straubing weg und ist nun in Ungarn. Streiks haben gar nichts geholfen, außer einer jungen linke Politikerin eine Bühne zu schaffen.
    Die hiesigen Arbeiter (darunter viele Polen, Ungarn und Rumänen) können ja dort hin ziehen. Ja, die Arbeitsplätze werden “in anderen Bereichen neu geschaffen”… in osteuropäischen Bereichen.

  • Joachim Datko

    |

    Arbeit und Einkommen weltweit zu verteilen, ist positiv!

    Zu joey 18:09 “Harman ging aus Straubing weg und ist nun in Ungarn. Streiks haben gar nichts geholfen, […].”

    Es ist prinzipiell gut, wenn man die Produktionsstätten weltweit verteilt. In diesem Fall bleiben die Arbeitsplätze sogar in Europa.

  • highwayfloh

    |

    @Joachim Datko:

    Ihre Aussagen bezüglich Wirtschaftsthemen, sind für mich regelmäßig zu tiefst erschütternd. Gottseindank, sind Sie _nicht_ mein Arbeitgeber!

  • Qlando

    |

    Es gab vor 3-4 Jahren eine Dokumentation wo es hieß, das, sollte sich der Elektroantrieb durchsetzen, laut Schätzungen 60-80% der Arbeitsplätze beim Zulieferer Mahle wegfallen würden.

    Ergo übertragen auf die gesamte Branche bedeutet das, dass wir in den nächsten 10 Jahren, noch weitere 100.000+ an Arbeitsplätzen verlieren werden.

    Was wir bei Conti sehen, ist gerade erst der Anfang.

    Corona ist da nur der Brandbeschleuniger.

Kommentare sind deaktiviert

drin