Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
Podiumsdiskussion: Die Kontroverse folgt im Nachgang

Flüchtlinge: Moral contra Realpolitik?

Die Hochschulgruppe Junges Europa lud am Mittwoch zur Diskussionsveranstaltung und stellte die Frage in den Raum: Wie viel Moral verträgt die Flüchtlingspolitik? Während die Runde selbst eher eine Aneinanderreihung von Aussagen als eine Diskussion war, sorgte vor allem ein Podiumsgast für viel Unmut, auch bei den Regensburger Grünen.

Moderatorin Hoff (o.l.) mühte sich eher vergeblich darum, eine Diskussion mit den geladenen Gästen Sigrid Graumann, Christoph Picker, Astrid Freudenstein und Boris Palmer anzustoßen. Quelle: Screenshot

Da hätten Sie Horst Seehofer einladen müssen.“ Es ist nicht das einzige Mal, dass Astrid Freudenstein auf ihren Parteifreund in Berlin verweist. Bei einer Podiumsdiskussion, zu der der studentische Verein „Junges Europa“ am Mittwoch geladen hat, nimmt die Regensburger Sozialbürgermeisterin hauptsächlich die Rolle der Zuschauerin ein. Als Ansprechpartner nennt sie mehrfach den Bundesinnenminister. „Aus den Augen aus dem Sinn? Ethik und Moral vs. Realpolitik in der Flüchtlingsfrage“ lautet der Veranstaltungstitel, den die Hochschulgruppe gewählt hat – ein Dualismus, der durchaus für Kritik sorgt, allerdings weniger auf dem Podium, sondern vor allem im Nachgang zu der Veranstaltung. Doch dazu später.

WERBUNG

„Unangemessen“ und „nicht richtig“

Eingeladen sind am Mittwoch neben Freudenstein der Kirchenhistoriker Dr. Christoph Picker, Sigrid Graumann, Mitglied des Deutschen Ethikrates, und der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne). Obwohl Palmer mit seinen Aussagen regelmäßig polarisiert und in der eigenen Partei mehr als umstritten ist, bemüht sich Moderatorin Anna Hoff am Mittwoch weitgehend vergeblich, eine echte Diskussion über den neuen EU-Migrationspakt in Gang zu bringen. Das mag zum einen dem Online-Format geschuldet sein – die knapp 200 Zuhörerinnen und Zuhörer können sich nur über die Chat-Funktion beteiligen. Aber auch die Besetzung des Podiums dürfte letztlich zu gleichförmig gewesen sein.

Graumann, die Rektorin der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe ist, attestiert Palmer eingangs zwar noch einen gewissen Populismus, was dieser entschieden von sich weist. Doch auch sie setzt nur selten einen deutlichen Kontrapunkt. Etwa, wenn sie und Picker den von Palmer oft bedienten Dualismus Moral versus Verantwortung für „unangemessen“ (Picker) und „nicht richtig“ (Graumann) erachten. Einem grenzenlosen Recht auf Bewegungsfreiheit erteilen aber auch sie eine Absage. Da die Debatte nur selten um eine konkrete Thematik kreist und eher sprunghaft wirkt, kommt es weder zu einem längeren Austausch der Beteiligten noch zu einem ergebnisorientierten Gespräch.

Was sich Graumann konkret unter ihrer Forderung einer „Zweistufigkeit“ aus „Verpflichtung zur Nothilfe” und dem „Recht auf Zugehörigkeit“ vorstellt, bleibt daher unklar. Ihr Plädoyer für einen Weg zwischen grenzenloser Bewegungsfreiheit und dem „Recht der Nationen, andere abzuweisen“ verhallt hingegen ebenso im Raum wie die Forderung einer „vernünftigen Friedenspolitik“.

„Erst die Fakten, dann die Moral“

Palmer, der seit 2007 in Tübingen OB ist, bedient die von ihm bekannten Themen. Der Rechtsstaat sei im Umgang mit straffällig gewordenen Asylsuchenden „zahnlos“. „Denen tust du mit einer Haftstrafe nicht weh. Die muss man ganz anders packen.“ Abschiebungen sieht er dabei als legitimes Mittel an. Zudem sei Fakt, dass Deutschland nicht alle Geflüchteten in der Welt aufnehmen könne. „Wir müssen einfach ehrlich sein und klar benennen wie die Lage ist.“ Es ist auch hier die Forderung nach „Klartext“, mit der Palmer sich seit Jahren immer wieder ins Gespräch bringt. Es gehe nicht darum, Milliarden von Menschen in Europa aufzunehmen, lautet oftmals die Gegenrede. Ähnliches ist in den Kommentaren während der Veranstaltung zu lesen. Viele der Teilnehmenden fordern mehr Menschlichkeit im Umgang mit Geflüchteten anstatt einer immer stärkeren Abschottung Europas. Eine Person fragt: „Was?!“. Jemand anderes nennt Palmer einen „privilegierten, weißen Mann“. Auf dem Podium bleiben direktes Einhaken oder Widersprechen weitestgehend aus. Allenfalls sieht man mal ein Nicken oder Kopfschütteln.

Graumann wirft Europa und Deutschland deutliches moralisches Versagen vor. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Fragen der Migration, insbesondere in afrikanischen Staaten. Anstatt einen Gegensatz zwischen angeblichen „gesinnungsethischen Flüchtlingshelfern“ und einer „verantwortungsethischen Flüchtlingspolitik“ aufzumachen, müsse sich „Politik stets an ethischen Standards messen lassen“. „Die Menschenrechte können wir nicht ohne weiteres aufgeben, wenn wir an den Grundfesten unserer westlichen Gesellschaften festhalten wollen“, betont die Ethikerin und fordert „Moral als Ordnungsrahmen für Realpolitik“. „Erst die Fakten, dann die Moral“, hält Palmer ihr entgegen. Es sei „ziemlich trivial“, dass man in der Politik keine guten Entscheidungen treffe, „wenn man die eigene Vorstellung über die Welt zum Maßstab macht“. Flüchtlingspolitik könne letztlich nie „ethisch sauber“ sein.

„Einer der flüchtlingsfreundlichsten Innenminister Europas“

Freudenstein, die als Sozialbürgermeisterin auch für die Belange der Geflüchteten in Regensburg zuständig ist, verweist bei verschidenen Fragen ihren Parteifreund Horst Seehofer, „einer der flüchtlingsfreundlichsten Innenminister Europas“. Auf die Frage, ob man sich bei weniger Flüchtlingen mehr Moral leisten könne, antwortet Freudenstein: „Ich habe nie von Seehofer etwas anderes gehört, als dass Flüchtlingspolitik unbedingt der Humanität entsprechen muss.“ Unter „Realpolitikern“ sei aber sehr früh auch klar gewesen, dass eine unbegrenzte Einwanderung vor Ort nicht zu schultern sei.

In ihren eigenen Ansichten zieht sie sich vor allem auf ihre Rolle als Kommunalpolitikerin zurück, betont, wie wichtig es sei, die Bürgerinnen und Bürger nicht aus dem Blick zu verlieren. „Dort wo die Integration wirklich ansteht und wo Kulturen aufeinander treffen, da laufen die Debatten anders als hier bei mir in der Innenstadt.“ Migration sei aber „bestenfalls eine Win-Win-Situation. Wir helfen denen und alle profitieren davon.“ Mitbürgern zu unterstellen, sie seine unmoralisch, sei hingegen der falsche Weg.

Palmer spricht davon, dass die deutsche Sichtweise auf EU-Ebene „eher Randmeinung“ sei. Was genau er unter diesen deutschen Sichtweise versteht, erläutert Palmer nicht. Er warnt vor einem Auseinanderfallen der EU. „Das wäre fataler, als ein Kompromiss in der Flüchtlingspolitik.“ Dass der neuverhandelte Migrationspakt, den auch Freudenstein positiv erwähnt, strengere Kontrollen an den EU-Außengrenzen vorsieht, begrüßt auch Palmer. Migration könne so besser geregelt werden. Und das helfe, bestehende Leistungen sinnvoller einzusetzen. Die Situation in den Flüchtlingslagern an den europäischen Außengrenzen, der oft gefährliche Weg der Flucht oder auch bestehende Probleme der deutschen Asylpolitik sind an diesem Abend kein Thema.

Kritik von Grünen und Seebrücke

Kritik an der Veranstaltung und dort getroffenen Aussagen kommt im Nachgang von Palmers Parteikolleginnen aus Regensburg und dem Verein Seebrücke. Die Grünen vermissen bei Palmer laut einer Pressemitteilung „moralische Schmerzen“, wenn dieser härtere Sanktionen fordere und meine, eine Mehrheit in der EU sei „gegen die Aufnahme substanieller Kontingente an Geflüchteten“. Julia Krebs vom Stadtvorstand erklärt: „Ich finde es unerträglich, wenn hier die ‘lockere Entscheidung zur Flucht’ suggeriert wird. Da fehlt mir der Respekt vor Menschen in großer Not.“

Laut ihrem Vorstandskollegen Oliver Groth habe schon der Veranstaltungstitel „impliziert, dass in der Realpolitik keine Ethik oder Moral möglich sei. Ist es nicht ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, wenn eine menschenwürdige Politik als unmöglich dargestellt wird?” Derzeit fehle vielmehr der politische Wille dazu. Freudenstein bezeichnen die Grünen als „Hardlinerin in Sachen Asylpolitik“, der „die soziale Ader“ fehle. „Die Anträge unserer Kolleg*innen aus der grünen Stadtratsfraktion zur sicheren Unterbringung von Geflüchteten wurden von ihr abgelehnt.“

Auch die Ortsgruppe des Vereins Seebrücke spricht im Nachgang von einer „kontraproduktiven“ Debatte. „Sowohl Astrid Freudenstein als auch Boris Palmer stehen für einen migrationskritischen und abschottungspolitischen Kurs. Diesen vertraten sie auch hier: Freudenstein ausweichend, Palmer in populistisch konnotierter Art.“

Print Friendly, PDF & Email

SUPPORT

Ist dir unabhängiger Journalismus etwas wert?

Dann unterstütze unsere Arbeit!
Einmalig oder mit einer regelmäßigen Spende!

Per PayPal:
Per Überweisung oder Dauerauftrag:

 

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14 7509 0000 0000 0633 63
BIC: GENODEF1R01

Kommentare (49)

  • Mr. T.

    |

    “Zudem sei Fakt, dass Deutschland nicht alle Geflüchteten in der Welt aufnehmen könne.”
    Wer mit so einem Blödsinn daher kommt, ist an einer ernsthaften Diskussion nicht interesiert und will nur seinem Populismus fröhnen. Schade um den Platz am Podium.

  • Malso nebenbei

    |

    Die Wikipedia zu Populismus: ..Charakteristisch ist eine mit politischen Absichten verbundene, auf Volksstimmungen gerichtete Themenwahl und Rhetorik…

    Ist dann eigentlich nicht jede der dort vertretenen Meinungen populistisch ?

  • Joachim Datko

    |

    Ich bin für die “Festung” Europa und gegen eine Völkerwanderung aus Afrika und dem Nahen Osten nach Deutschland.

  • Mr. T.

    |

    Wer für eine “Festung” Europa ist, impliziert auch, dass man die “Belagerer” mit Pfeilen und Pech abwehren muss, um mal in dieser bescheuerten Mittelalteranalogie zu bleiben.
    Ohne eine Völkerwanderung aus Afrika gäbe es jetzt in Europa keine Physiker und Philosophen. Und auch wenn dieser Gedanke auf einmal reizvoll erscheinen würde, ist es schon zu spät, um das zu verhindern.

  • auch_ein_regensburger

    |

    Die Römer waren auch gegen eine Völkerwanderung aus Germanien in ihr Reich und haben mit riesigem Aufwand versucht, sie zu verhindern, militärisch, politisch, finanziell. Das Ergebnis kennen wir: Europa. Deutschland. Bayern.

  • Piedro

    |

    @Malso nebenbei
    “Ist dann eigentlich nicht jede der dort vertretenen Meinungen populistisch ?”
    Nein. Eine Meinung ist nur das. Eine Meinung. Was populistisch ist sieht am Beitrag nach Ihrem.

    Joachim Datko: “Ich bin für die “Festung” Europa…”
    Eine Meinung. Muss man nicht teilen, kann man aber haben. Dann: “…und gegen eine Völkerwanderung aus Afrika und dem Nahen Osten nach Deutschland.” Das erfüllt die Charakteristika populistischer Propaganda. Völkerwanderung (fast so putzig wie “Umvolkung”) nach Deutschland. Es wird suggeriert, ganz Afrika und der Nahe Osten könnte sich auf den Weg nach D-Land machen. Das entbehrt zwar jeglicher Grundlage und steht nicht zur Diskussion, dient aber der Stimmungsmache und einer Pseudologik: Entweder völlige Abgrenzung oder Milliarden kommen her und alles ist vorbei. Eine Meinung wird geäußert, um eine sachliche, lösungsorientierte Diskussion ad absurdum zu führen, ohne irgendwelche Fakten bemühen oder berücksichtigen zu müssen, oder überhaupt auf den Anlass der Meinungsäußerung eingehen zu müssen. Reine Stimmungsmache, die so lange wiederholt wird, bis es auch dem letzten Kontrahenten zu blöd wird, darauf zu erwidern.

  • Skyrider

    |

    Ich bin für eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen, egal ob aus Afrika, dem Nahen Osten, oder sonst woher.
    Was in den Lagern in Griechenland und in Bosnien-Herzegowina abläuft, ist an Menschenverachtung nicht mehr zu überbieten. Die EU schafft es ja nicht mal, diese Menschen so zu versorgen, dass sie zumindest einigermaßen vernünftig durch den Winter kommen.
    Die Verantwortung für dieses politische und moralische “Versagen”, wird wieder mal munter hin und her geschoben.
    Was an den Unionsparteien noch “christlich” sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis.

  • Tobias

    |

    Wir haben auch hier im Text das Dilemma des Vermischens von “Migration” und “Flucht”. Dass man quer durch die Welt nach Germoney [sic] “flüchtet”, also aus dem arabischen Raum nach Zentraleuropa lässt doch schon tief blicken. Dabei am besten noch hochschwanger, obwohl der “Krieg” ja seit Jahren tobt und man sich logischerweise zurückhalten sollte… oder?!

    Am Ende haben wir dann hier Leute, die garkeine Lust auf Migration haben. Sehr viele. Wir haben einen 60-jährigen Afrikaner auf Arbeit, der in den 13 Jahren, bei dem ich in besagtem Betrieb bin, nur 10 Wörter deutsch kann, und seine ständigen Phrasen wie “Na, Feierabend endlisch?”. Unsere Bewerber sind viele solcher Menschen, bei denen ich mich auf ein Kindergartenniveau hinablassen muss, was für eine Leistungsgesellschaft wie Deutschland nicht geht. Wir haben letztes Jahr einen Fall gehabt, bei dem ein muslimischer “Geflüchteter” sich nichts von (m)einer weiblichen Führungskraft hat sagen lassen.

    Fragt man dann nach, ob die Leute sich integrieren wollen und arbeiten, wird immer schön fleißig genickt, aber am Ende wird daraus nix. Da kommt sogar ein Fernsehteam für die ARD, wenn einer der “Flüchtlinge” dann eine Ausbildung als Friseur macht – das bringt unser Land wirklich weiter!!

    Das ist alles nicht “populistisch”, sondern Real. Es fliegt uns gerade eine massive Wirtschaftskrise entgegen, die Leute heulen hier schon rum, wenn sie ihre überbezahlte Conti-Stelle verlieren. Dennoch findet man solche Migration (nicht Flucht!) dann doch ziemlich gut, weil man ja auf Facebook gut darstehen will. Diese Gegensätze zwischen Flucht und “Flucht” sind krass. Wer soll den Spaß bezahlen? Ich? Warum steh’ ich eigentlich noch auf? Die Großkonzerne? Mit den neuen Billigkräften haben wir keine Sozialabgaben.

    Und ja, Mr. T, wir sind nicht in der Lage, die Geflüchteten aufzunehmen. Das kollidiert nämlich massiv mit den anderen Grünen Themen. Man kann nicht die Bienen retten und dann Massen von Menschen ins Land lassen, welche pro Monat die Größenordnung von Mittel- und Großstädten hat. Man kann nicht über Bio-Lebensmittel reden, wenn hier immer mehr Menschen leben – Deutschland ist bereits eines der dichtbesiedelsten Länder. Und auch diese Neubürger brauchen und möchten Luxus. Telefone, Mobilität, Strom, Wohnen., Autos, Wasser. Dies sind ganz normale Grenzen des Möglichen. Ich versteh nicht, wie man als angeblich bildungsaher Mensch nicht sieht, dass dies ziemlich konträr zu jeglichem Umweltschutz- und schonkonzept steht. Zumal die Geburtenrate auch noch massiv ist.

    Das ist eine ökonomische, ökologische und soziale Katastrophe. “Nix gelernt”, ja, aber nicht so, wie ihr das denkt.

  • me

    |

    @Tobias: Anekdotische Evidenz, wir sind beeindruckt. Sie wissen, dass Ihr Luxus in Germoney in erster Linie nicht auf Ihre Arbeit, sondern vor allem auf die seit der Kolonialzeit andauernde Ausbeutung des globalen Südens zurückzuführen ist?

  • Mathilde Vietze

    |

    Was in den Flüchtlingslagern abläuft, scheint dem Herrn Datko scheißegal
    zu sein.

  • joey

    |

    @me
    das mit der Kolonialzeit ist leicht erkennbarer Blödsinn.
    Einzig die Grenzziehungen kann man als heute noch relevant bezeichnen, die Korruption der “Eliten” der Herkunftsländer und die Clanwirtschaft hat damit nichts zu tun. Die Scharia haben auch keine Kolonialherren erfunden.

    Wenn Logik nicht mehr geht, kommt der Schuldkomplex.

  • Piedro

    |

    @joey
    “das mit der Kolonialzeit ist leicht erkennbarer Blödsinn.”
    Keinesfalls. Diese Eliten sind doch von den Kolonialmächten installiert, und nach der Unabhängigkeit gestützt, gestärkt und gefördert worden. Für Korruption braucht es zwei Seiten, was meinen Sie denn, wer auf der anderen steht?
    Gerade die USA haben sich durch die massive Unterstützung von Diktatoren hervorgetan – und durch Geheimdienstintervention gegen demokratische Kräfte. Es ging immer nur um den sicheren Zugang zu Rohstoffen, mit allen verfügbaren Mitteln. Eines dieser Mittel war die “Entwicklungshilfe”, von der Staaten profitieren durften, die diesen Zugang sicher stellten, natürlich zum Nutzen der örtlichen Eliten. Das gilt für Südamerika und Afrika ebenso wie für Südostasien (nicht nur durch Europäer). Besonders in Afrika wurden Staaten nur nach Unterzeichnung von Knebelverträgen in die Unabhängigkeit entlassen, hier hat sich Frankreich ganz besonders hervorgetan. Und diese Verträge sind noch heute wirksam.
    Im Postkolonialismus sieht es auch nicht viel besser aus. Etwa die Freihandelsverträge der EU zerstören soziale und ökonomische Strukturen, ob es um Fischerei, Rohstoffe oder Importe geht (Geflügel ist hier ein brauchbares Stichwort).

    “Wenn Logik nicht mehr geht, kommt der Schuldkomplex.”
    Die Feststellung von historischen Tatsachen und ökonomischen Fakten hat mit diesem gern bemühten “Komplex” nichts zu tun. Hier lässt sich einiges nachlesen: https://www.geo.de/wissen/21459-rtkl-bilanz-wie-der-kolonialismus-die-welt-bis-heute-praegt Andere Quellen sind leicht zu finden.

  • Piedro

    |

    @Mathilde Vietze
    Da ist Herr D. leider nicht der einzige. Auch einen Herrn Seehofer, dem ich keinerlei Moral in Sachen Flüchtlingspolitik anlasten möchte, interessiert das einen feuchten. Die EU hat die moralische Bankrotterklärung längst geleistet. Die Frage ist nicht, wie viel Moral die Flüchtlingspolitik “verträgt”, sondern ob sie überhaupt noch eine Rolle spielt. Pushbacks durch EU-Staaten und EU-Behörden wie die Reaktion dieser “Werteunion” zeigen doch recht deutlich, das Moral ebenso wurscht ist wie die Rechtslage.

  • Joachim Datko

    |

    Zu 22:35 ” […], dass Ihr Luxus in Germoney in erster Linie nicht auf Ihre Arbeit, sondern vor allem auf die seit der Kolonialzeit andauernde Ausbeutung des globalen Südens zurückzuführen ist?”

    Meine gute Versorgung mit Grundnahrungsmitteln ist nicht zuletzt deutschen Chemikern zu verdanken, die den künstlichen Dünger “erfunden” und die Erzeugung im industriellen Maßstab entwickelt haben.

    Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Haber-Bosch-Verfahren

    Es ist in der Regel die “geistige” Arbeit, die uns Wohlstand bringt. Dazu kann jeder in der Welt beitragen.

    Auch der “globale Süden” profitiert von den wissenschaftlichen Erkenntnissen und technischen Entwicklungen in anderen Regionen der Welt, wie z. B. in Mitteleuropa.

    Joachim Datko – Ingenieur, Physiker

  • beobachter

    |

    Es ggibt viel Not und Elend auf dieser Erde. Das war noch nie anders. Früher gab es noch viel mehr Menschen als heute, die hungern mußten oder keine ausreichende ärztliche Behandlung hatten. Es wird doch wohl niemand bestreiten wollen, dass Deutschland nicht alle aufnehmen kann, die ihr Heimatland verlassen müssen oder wollen?
    Man sollte den Menschen in deren Heimatländern helfen, damit sie ihre Heimat eben nicht verlassen. Ich bin dagegen diese Menschen hier dauerhaft aufzunehmen.

  • joey

    |

    @Piedro
    es gibt einige Staaten, die das ganz anders gemacht haben, koloniale Strukturen (mit Gewalt) abgelöst und eigene installiert. Wirtschaft nationalisiert, verstaatlicht. Mosambique, Simbabwe, Somalia… Echte Afrika Katastrophen. Es gäbe noch viel mehr Beispiele.
    Wer nun wen unterstützt hat, ist teilweise schwer zu sagen. Deutschland stützt in Libyen eine islamistische Regierung, Frankreich einen säkularen Warlord. Suchen Sie sich einen aus.
    Es geht immer nur darum, wer welche Clans auf seine Seite bringt. Die sind dann mit Posten zu versorgen, wo sie in Ruhe Gelder stehlen. Ob Erträge aus Rohstoffabbau oder Entwicklungshilfe… oder mit UN Resolutionen gegen Israel für eine Spende aus Katar.

  • Piedro

    |

    @Joachim Datko
    “Meine gute Versorgung mit Grundnahrungsmitteln ist nicht zuletzt deutschen Chemikern zu verdanken, die den künstlichen Dünger “erfunden” und die Erzeugung im industriellen Maßstab entwickelt haben.”
    Genau. Damit Düngen wir dann unsere Felder, um auf die Importe von Soja, Mais, Palmöl etc zu verzichten. Oder doch nicht? Und anderen Luxus als Nahrung genießen wir ja nicht, deshalb importieren wir auch weder Kautschuk noch andere Rohstoffe, kein Öl, kein Holz, keine Kohle…

  • Piedro

    |

    @joey
    Das sind interessante Beispiele. In Mosambique hat Portugal bis in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts an seinen Herrschafts- und Besitzansprüchen festgehalten. Die Befreiung (nach über 500 Jahren Fremdherrschaft) war nur gewaltsam möglich. Seit 1980 ist das BIP ständig gestiegen. Der Bürgerkrieg im Land war verheerend und eine Folge der nur gewaltsam möglichen Machtverschiebung.
    In Simbabwe führte die “Unabhängigkeit” in eine weiße Herrschaft, von der europäische Konzerne massiv profitiert haben. Der durchaus interessante Ansatz, industrielle Produktion statt Fertigteilexporten zu ermöglichen, war nicht zum Nutzen der Bevölkerung, obwohl das Land wirtschaftlich eines der stärksten des Kontinents war. Den Diktator hat man machen lassen, hat sich ja ausgezahlt.

    Was das jedoch mit einer menschlichen – oder gar moralischen Flüchtlingspolitik zu tun haben soll erschließt sich mir leider nicht.

  • Joachim Datko

    |

    Kommentar gelöscht. Bleiben Sie bitte beim Thema.

  • Tankenschreck

    |

    @me: bezgl. Kolonialzeit: dazu is aber die EU ( und von der wird ja gefordert, dass sie im EU-Ausland wie Bosnien, etc. aktiv werden soll ) zu heterogen. Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn,.. hatten die Kolonien ? Und abgesehen davon: müssen wir eigtl. Überall wo sich Leute aus eigenem Anlass niederlassen, und in Armut und ja, unter menschenunwürdigen Zuständen leben, helfen ? Demnächst also dann auch hier ?

    https://m.youtube.com/watch?v=04Z3Rd0rD_I

    Es ist ein Schande. Eine Schande, dass die EU nach vielen Dekaden offenbar immer noch keine gescheite Einwanderungspolitik hat, die solche Zustände vielleicht obsolet machen würde, aber genauso – und noch mehr schämen sollten sich eigtl. Die Länder, aus denen die Leute flüchten. Warlords, korrupte Eliten,…. in deren Taschen die Milliarden an Entwicklungshilfen verschwinden und die einen Sch..ssdreck tun damit ihre Landsleute erst gar nicht auf die Idee kommen, sich aufzumachen. Letztendlich brauchen diese Länder, das, was wir uns im Laufe der Geschichte – relativ unabhängig von irgendwelchen Kolonien übrigens – selbst über die Jahrhunderte aufgebaut haben. Eine rel. gut funktionierende Zivilgesellschaft. Und das is auch der Knackpunkt: je mehr zuwandern, desto fragiler wird das fundament auf dem diese aufgebaut ist. Bevor ich das Latour Zitat mit Kalkutta dazu bemühe – denkt mal selber nach. Auf Dauer geht das nicht. In den Herkunftsländern ändert sich nichts und es wird auch in 10 Jahren weiterhin noch ne youth bulge geben, einhergehend damit eine Fluchtbewegung. Ich wär schon heilfroh, wenn durch Megakonzerne, Subventionspolitik,etc. nicht noch zusätzlich Öl ins Feuer gegossen werden würde. Aber mit dem Blame game, auf das diese Forendiskussionen immer hinauslaufen ist keinem geholfen. Weder Wirtschaftsflüchtlingen, noch Asylsuchenden, weder ehrenamtlichen Helfern noch dem einfachen steuerzahlenden Bürger, dem zu diesem Engagement einfach die Zeit fehlt weil er in seinem Hamsterrad sich einen abstrampelt. Es vertieft nur die Gräben und hilft denen, die genau DAS wollen. Und das is mMn derzeit die AfD. Denen sind die Flüchtlinge sch..egal, die würden sie, wenn s ihnen nützt auch willkommen heissen. Die nehmen das Thema nur deshalb her, weil es derzeit der kräftigste Hebel is für eine nachhaltige Spaltung. Langfristig wollen die einen Umsturz und danach Privatrecht, also Recht für den, der es sich leisten kann. Und dann gibts eh nur noch geldige und nicht-geldige. Ob die armen Schlucker dann aus Schwaben, Vogtland oder Mali kommen is da unerheblich. ( und wegen der bestehenden Spaltung lösen sich die Problem für die Upper class dann auch von selbst )
    Kann man übrigens gut nachhören in dem Tilo Jung Podcast über die Finanzierung der AfD.

  • joey

    |

    @Pietro
    also, welchen Potentaten in Libyen würden Sie unterstützen?

    @Tankenschreck
    für eine Zivilgesellschaft braucht man kollektive Sicherheit.

  • gerhard PROGEL

    |

    Zudem sei Fakt, dass Deutschland nicht alle Geflüchteten in der Welt aufnehmen könne.

    Was ist daran so falsch?
    Es ist doch erwiesen, das bis zu 90% aus ökonomischen Gründen hierher kommen – einem Land mit guten Sozialleistungen (auch für F.).

    Die sozialen Träumereien von Linken und Grünen sind lebensfremd.

  • Piedro

    |

    @gerhard PROGEL
    “Zudem sei Fakt, dass Deutschland nicht alle Geflüchteten in der Welt aufnehmen könne.”
    Das stimmt und steht nicht mal ansatzweise zur Debatte. Weltweit werden die meisten Flüchtlinge von Nachbarländern aufgenommen, die nicht ansatzweise so gut dastehen wie D-Land. Wir stehen nicht vor der Frage, ob wir 80 Millionen Menschen aufnehmen können, so wenig wie ich vor der joey-Frage stehe welchen Despoten ich denn unterstützen möchte. Die Frage des Artikels ist: Wie viel Moral verträgt die Flüchtlingspolitik? Die Antwort wird schwerlich lauten: gar keine, weil wir nicht alle aufnehmen können.

  • Person

    |

    Den Artikel an sich empfinde ich als sehr einseitig. Sie zitieren die Grünen, die den Titel als schlecht gewählt finden. Das kann man ja tun, aber anscheinend haben sowohl die Grünen als auch Sie die Veranstaltung nicht besucht. Direkt zu Beginn wurde der Titel nämlich erklärt und betont, dass sich Moral und Realpolitik eben NICHT ausschließen.
    Solche Dinge hätte man bestimmt herausfinden können, wenn man dem Verein mal kontaktiert hätte? Die haben sich ja bestimmt was dabei gedacht.
    Außerdem wurden die positiven Resonanzen, die im Chat erkennbar waren, komplett vernachlässigt.

  • Bert

    |

    @Person

    Offenbar muss der Autor die Veranstaltung “besucht”, also sich angeschaut haben. Er zitiert ja mehrfach, hat Screenshots etc. (ebenso zitieren auch die Grünen und Seebrücke)

    Ich findes es auch unnötig, nachzufragen, was sich die Veranstalter dabei gedacht haben mögen, als sie im Titel die These eines Gegensatzes von Moral und Realpolitik dargestellt haben. Es mag der Aufmerksamkeit für die Veranstaltung gedient haben oder was auch immer – auf jeden Fall haben sie es gemacht, als These, nicht als Frage. Kann man machen, ebenso kann man das Podium von politischer Seite so einseitig besetzen, aber man darf sich dann auch nicht groß beschweren, wenn es Gegenwind gibt.

  • joey

    |

    @Piedro
    doch vor diesen Fragen stehen Sie.
    Die Regimes sind ja angeblich vom Westen eingesetzt, womit user me uns die Schuld und Aufnahmepflicht gibt… nur um an den Beginn “Kolonial…” zu erinnern.

    Wir können noch einige aufnehmen. Aber es gibt logischerweise Grenzen. Diese sind durch unsere soziale Infrastruktur und deren Kosten bestimmt.
    Deswegen gibt es eine Halbdurchlässigkeit: kommen kann nicht die Bedürftige (die wir vor Ort prüfen und abholen), sondern der, der die Mafia in Libyen und Türkei bezahlen kann, welche zumindest konkludent mit den “Rettern” zusammenarbeiten. Die mit den Billigtickets bleiben dann oft auf der Strecke (in Lesbos und Bihac). Das ist das aktuelle Problem mit der Scheinmoral.

  • Piedro

    |

    @joey
    Was ist los mit Ihnen? me hat nichts dergleichen geschrieben, und selbst wenn bürdet mir das keine Fragestellung auf. Ich werde mich ganz bestimmt nicht für die Unterstützung irgendeinen Despoten entscheiden. Es ist unsäglich was die EU gerade in Libyen unterstützt, Hauptsache es kommen möglichst wenige Menschen übers Meer. Am Ende des Beitrags verweisen Sie auch noch auf Scheinmoral. Sorry, da hört es für mich auf.

    Ihre Argumentation ist in sich nicht schlüssig. Sie schreiben von prüfen und abholen vor Ort. Es wird nicht vor Ort geprüft, und nicht mal aus europäischen Elendslagern werden die Menschen abgeholt, mit Ausnahme von ein paar hundert Kindern (europaweit), bei denen um die geringst mögliche Quote verbissen gerungen wurde. (So viel zu Moral in der Flüchtlingspolitik.) Dafür setzen Sie Retter in Anführungszeichen, als retteten sie keine Menschen aus Seenot, als drohten sie nicht zu ertrinken. Sorry, auf dem Niveau möchte ich auch mit Ihnen nicht debattieren. Das ist erbärmlich.

  • joey

    |

    @Piedro
    me hat “Kolonial” eingebracht, Sie haben das auf die heutige Zeit erweitert “Diese Eliten sind doch von den Kolonialmächten installiert”.

    Wenn man den Bedrüftigen helfen wollte, müßte man Kontingente vor Ort aussuchen (wie das die Kanadier mach(t)en) und für einen kostenlosen Transport sorgen.

    Da wir hier wohl nicht mehr weiterkommen, danke ich höflich für die Diskussion.

  • beobachter

    |

    +++Sorry, auf dem Niveau möchte ich auch mit Ihnen nicht debattieren. Das ist erbärmlich.+++

    <<Da wir hier wohl nicht mehr weiterkommen, danke ich höflich für die Diskussion.<<

    Das kann ich nachvollziehen. Das Muster ust aus vielen Diskussionen bekannt. Wer in der Frage "Aufnahme weiterer Flüchtlinge" nicht "HURRA" schreit, wird moralisch diskreditiert, er ist mindestens herzlos, eher aber ein Unmensch.

  • Piedro

    |

    @joey
    Da sind wir wieder beim Konjunktiv. Wir sollten, müssten, könnten… Is aber nicht. Moral lässt sich nicht am Konjunktiv justieren, sie wird an den tatsächlichen Verhältnissen erprobt. Tragisch ist die Kombination: wenn wir wollten müssten wir. Da wir nicht können brauchen wir also gar nicht erst wollen, und die moralische Ausrichtung der Flüchtlingspolitik ist obsolet. Wir können nicht vor Ort selektieren, also bleibt nur die Abschottung und die Verweigerung von Grundrechten wie einem individuellen Verfahren. Dem folge ich nicht. Ich bedanke mich ebenfalls, Herr joey. Vielleicht haben wir beim nächsten Thema weniger Dissens.

  • Piedro

    |

    @beobachter
    “Wer in der Frage “Aufnahme weiterer Flüchtlinge” nicht “HURRA” schreit, wird moralisch diskreditiert, er ist mindestens herzlos, eher aber ein Unmensch.”
    Wer wurde denn moralisch diskreditiert? Sie folgen genau jenem Muster, das Sie beklagen. Ich bezog mich auf die durch Satzzeichen fabrizierte und völlig unnötige Relativierung der Seenotretter. Das ist doch klar erkennbar. Aber ja: das Muster ist bekannt, es wiederholt sich überall, wo ähnliche Themen diskutiert werden. Wird es festgestellt diskreditiert man moralisch. So einfach ist das – für manche. Und dann ist jeder Disput tatsächlich völlig sinnlos. Danke für die Bestätigung.

  • Einervonzuvielen

    |

    @Piedro: ..“ Wir können nicht vor Ort selektieren,“
    Doch, können wir und sollten wir. Genau DAS stell ich mir unter Einwanderungspolitik vor. Man eröffnet bsw EU-Botschaften in allen Ländern und wer in die EU einwandern möchte, bewirbt sich da. Muss ein Zertfikat über einen erfolgreich bestandenen Sprachkurs vorlegen, was sich ja auch praktisch nachprüfen lässt und natürlich auch weitere Qualifikation angeben. Dadurch trocknet man das lukrative Schleppergeschäft aus und ermöglicht zudem im Herkunftsland neue Märkte durch Sprachschulen. Klar sorgt das auch für einen Braindrain, aber glauben sie, den haben wir ohne diese Option nicht ? Is übrigens genau das, was typische Einwanderungsländer wie die USA, Kanada, etc. seit Jahren so machen.

  • R.G.

    |

    @Piedro
    Es wäre mir sehr angenehm, wenn Sie ihr Diskussionsmuster etwas modifizierten.
    Joe schlägt etwas vor, was Flüchtlinge erst gar nicht in die Situation brächte, von Schleppern ausgebeutet, irgendwo zu stranden. Bei seinem Modell wären die Entwurzelten in den Flüchtlingslagern und Ursprungsländern wieder ausreichend versorgt und menschlich untergebracht. Das steht nicht im Gegensatz zu anderen Ansichten, es ist lediglich EIN Auschnitt des Ganzen.
    Ich finde es nicht angenehm, wenn sich jedes Mal ein User vorgenommen und richtig zerlegt wird, Gespräche um die Trophäe, wer der einzig Menschliche im Raum sei.
    Das hat sonst was von regelmäßigen Privatscharmützeln vor Publikum.

  • Piedro

    |

    @Einervonzuvielen
    Der Vorschlag hat ja was, aber ist aktuell nicht umsetzbar. Zum einen sind die Botschaften nicht auf diese Aufgabe eingestellt, nicht dafür ausgerüstet. Zum anderen ist das Thema hier Flüchtlingspolitik. Für den Schutzanspruch braucht es keinen Nachweis über Sprachkurs etc. Auch politisch verfolgte Menschen, drangsalierte Homosexuelle etc. haben schlicht einen Anspruch auf ein prüfendes Verfahren.

    Vor allem aber: diese Strukturen gibt es nicht, weder von der EU noch von Nationalstaaten. Es gibt keine Möglichkeit, gefahrlos in die EU einzureisen, die Menschen müssen über das Meer oder auf der Landroute durch Länder, die sie über die Grenze zurück prügeln, gerne, nachdem sie auch noch ausgeraubt wurden. Und jene, die schon an den Außengrenzen oder auf EU-Gebiet sind, erfahren auch keine menschenwürdige Behandlung. Die Moralfrage stellt sich aktuell, nicht erst bei zukünftig denkbaren Modellen.

    @R.G.
    Das ist mir alles klar, aber aktuell bringt es wenig über bessere Modelle zu theoretisieren. Auch wird hier kein User zerlegt, es geht um die Argumentation, respektive die Rhetorik (Flüchtlinge, Retter etc in “”). Muss jeder selbst wissen, ob er sich solcher Rhetorik bedient oder nicht, wer es tut wird bei mir damit nicht auf Akzeptanz stoßen. Die Leute der Seebrücke zB sind Retter, keine vermeintlichen, angeblichen, sogenannten “Retter”.

  • Joachim Datko

    |

    Diejenigen, die sich auf waghalsige Weise mit untauglichen und überfüllten Booten auf den Weg nach Europa begeben, rechnen in der Regel damit, dass sie unterwegs abgeholt werden. Damit sind die Aktivisten mitschuldig, wenn leichtsinnige Menschen bei der Überfahrt nach Europa ertrinken.

    Zu Piedro 15:01 : “Die Leute der Seebrücke zB sind Retter, keine vermeintlichen, angeblichen, sogenannten “Retter”.”

    Es ist keine Rettung im klassischen Sinne, sondern ein Abholen von Menschen, die sich wegen der angebotenen Abholung bewusst in Gefahr begeben.

  • Piedro

    |

    @Joachim Datko
    Ist schon klar, Herr Datko. Die sind selbst schuld. Das hat nichts mit Verzweiflung zu tun, das ist bloß Waghalsigkeit, von denen verursacht, die nach ungezählten Toten und eingestellter, staatlicher Rettung versuchen Menschenleben zu retten. Darum sind die Retter schuld wenn Menschen ertrinken. Ließe man die einfach locker absaufen (u.a. bei Pegida gröhlend gefordert), würde es keiner mehr versuchen. Was für eine abartige, faktenferne Pseudologik. War schon klar, dass sowas von Ihnen kommt.

    Richtig ist: erst als bekannt wurde, dass (europäische) staatliche Stellen sogar Fischer und Frachter von der Seenotrettung abhielten, hat Ärzte ohne Grenzen als erste, private Organisation Seenotrettung betrieben. Danach gab es eine Beschlagnahmung und ein Verfahren vor italienischen Gerichten (mit Freispruch der Angeklagten, fünf Jahre später). Die ersten privaten Rettungsorganisationen sind 2014 entstanden, weil Frontex der Rettungspflicht nicht oder unzureichend nachkam. 2013, vor dem ersten, privaten Rettungseinsatz, sind schon Tausende ertrunken, 368 an einem einzigen Tag vor Lampedusa.

    Was ist denn mit Bergwanderern? Die begeben sich ganz klar ohne Not, aus Waghalsigkeit, in Gefahr. Schuld ist die Bergrettung, ohne die würde es keiner versuchen? Sollten wir einstellen. Und die Rettungsschwimmer an der Ostsee, die verursachen auch Jahr für Jahr mehr Ertrunkene Badegäste, weil die sich drauf verlassen gerettet zu werden.
    Wirklich ein sehr schöner Beitrag zur Frage der Moral bei der Flüchtlingspolitik. Herr Philosoph.

  • Beobachter

    |

    @Piedro,
    es ist wahr, dass es Menschen gibt, die vor kriegerischen Ereignissen in ihrem Heimatland fliehen. Ebenso ist es wahr, dass die meisten eben nicht aus diesem Grunde versuchen nach Deutschland einzuwandern ohne das Procdere einzuhalten. Vermutlich wird das niemand abstreiten wollen, oder etwa doch? Es geht auch nicht um die Rettung aus Seenot. Dagegen wird auch niemand etwas haben. Es geht darum dass diese Menschen nicht nur aus der Seenot gerettet werden, sondern nach Deutschland einwandern wollen.

  • Skyrider

    |

    Es ist für mich absolut unverständlich, wenn ich hier lese, man sollte in den EU-Botschaften, sinngemäß, eine “Vorauswahl” treffen, wie hätten wirs denn gerne. Nehmen wir nur noch die mit, für die bereits ein Arbeitsplatz bereitsteht, oder diejenigen, die am besten in unser “christliches Weltbild” passen? Grundsätzlich besteht erstmal für a l l e flüchtenden, ein Recht auf Asyl. Ob gerechtfertigt oder nicht, wird bei jedem Einzelfall von den zuständigen Stellen geprüft werden.
    Ich finde das Verhalten der EU, dass aufgegriffene Flüchtlinge im Mittelmeer der Libyschen Küstenwache übergeben und “zurückgeführt” werden, Flüchtlinge in Griechenland und Bosnien-Herzegowina in Lager gepfercht werden, moralisch erbärmlich. Sowas nenne ich Bankrotterklärung der Politik! Die EU Mrd. für den “türkischen Sultan” in Istanbul, wären in Programmen zur Behebung der Fluchtursachen, besser angelegt. Aber um politischen Gegenwind aus dem Weg zu gehen, würden die verantwortlichen Politiker in der Bundesregierung und im EU-Parlament, anscheinend selbst mit dem “Teufel einen Pakt eingehen”……

  • Mr. T.

    |

    Manche verkennen oder ignorieren vorsätzlich das Problem, wenn sie auf Einwanderungsgesetze oder Hilfe vor Ort und Bekämpfung der Fluchtursachen abstellen. Einwanderungsgesetze könnten vielleicht den Zuzug von richtigen Wirtschaftsflüchtlingen aus Nicht-EU-Ländern regeln, betreffen aber nicht die Menschen, die wegen Krieg, Not und Elend ihre Heimat verlassen müssen. Die aktuellen Fluchtursachen sind die Versäummnisse der letzten Dekaden. Wenn jetzt begonnen wird, Fluchtursachen zu bekämpfen dauert es Jahrzehnte bis Erfolge sichtbar werden. Wenn’s brennt muss man Löschen und keine schlauen Tipps zur Brandschutzvorsorge geben.
    Australien betreibt im Ausland Internierungslager, gegen die Moria wie ein Robinson Club wirkt. Außer ein paar Ganzrechten will das in Europa niemand.
    Und wer in Seenotrettern Anreize zur Flucht sieht, ist wohl auch so bescheuert zu meinen, dass es ohne Rettungsdienste bei uns weniger Unfälle und Krankheiten geben würde. Die Chance auf der Flucht von jemandem aus dem Wasser gezogen zu werden ist nicht unbedingt so, wie vor dem Bahnhof ein Taxi zu erwischen. er dabei sein Leben aufs Spiel setzt, macht das nicht, weil ein Leben mit ALG2 in Deutschland vielleicht ein bisschen bequemer sein könnte. Das ist wie russisches Roulette mit einer leeren Kammer in der Trommel.

  • Mathilde Vietze

    |

    Es rteht nirgendwo geschrieben, daß alle, die bei uns um Aufnahme bitten,
    auch hier bleiben können.

  • beobachter

    |

    <<<Und wer in Seenotrettern Anreize zur Flucht sieht, ist wohl auch so bescheuert<<<

    Nein, der sieht den Sachverhalt nicht verklärt, sondern realistisch.

  • Joachim Datko

    |

    Ich nehme an, dass jeder zurück zum Startpunkt seiner Auswanderung kann, wenn er will, aber auf illegale Weise nicht nach Australien kommt.

    Mr. T. 23:07 Zitat: “Australien betreibt im Ausland Internierungslager, gegen die Moria wie ein Robinson Club wirkt.”

    Es geht darum, möglichst alle nicht genehmigte Einreisen zu unterbinden. Dadurch verhindert man einen illegalen Einreisestrom. Die Anzahl der Versuche ist in Australien daher gering. Die Bootsflüchtlinge können jederzeit die Heimreise antreten. Es handelt sich um relativ wenige Menschen.

    Wer z. B. aus Europa wieder in sein Heimatland in Afrika, dem Nahen Osten oder Afghanistan will, erhält eine Rückkehrhilfe, soviel mir bekannt ist.

    Aus einem Gespräch mit einer jungen Sozialpädagogin, vor Jahren, ist mir noch in Erinnerung, dass sie und Kollegen einem jungen Afghanen abgeraten haben, zurück zu gehen, obgleich er dringend wollte.

    Zitat: “Die aktuellen Fluchtursachen sind die Versäummnisse der letzten Dekaden.”

    Wir sollten uns aber nicht einreden lassen, dass Deutschland an den Problemen Afrikas und des Nahen Ostens schuld ist. Es ist sogar so, dass vielfach geholfen wird.

    Siehe: https://www.afrikaportal.eu/wp-content/uploads/2018/08/2017-09-28-18.01.55.jpg

  • joey

    |

    @Mathilde Vietze
    ja, es steht ja sogar gegenteilig beschrieben. Das ist, was Seehofer einst nach einem Gutachten von Prof. Papier als Herrschaft des Unrechts bezeichnet hat.

    Die einen dürfen hierbleiben, bis die Not beendet ist, die anderen dürfen gar nicht hierbleiben. Fast alle bleiben aber so oder so, weil wir es nicht schaffen, jemanden abzuschieben.
    Einzig die Kroaten und Bosnier aus dem Jugo Krieg gingen in größerem Maß zurück.
    Wir können nicht mal Menschen abschieben, in deren islamistisches oder hochkriminelles Weltbild (@Skyrider) wir nicht hineinpassen.

  • Piedro

    |

    @beobachter
    “Nein, der sieht den Sachverhalt nicht verklärt, sondern realistisch.”
    Wie gesagt: die private Seenotrettung entstand, weil tausende Menschen ersoffen sind, einige Staaten sogar die Rettung von Menschen durch Fischer und Frachter verhindern wollten und im Anschluss die internationale Seenotrettung unzureichend betrieben und dann sogar eingestellt wurde.
    Die Annahme, Menschen würden sich aufs Meer wagen, weil es private Retter gibt, ist nicht mal mehr albern. Diese Schiffe sind die Konsequenz davon, dass schon vor diesen Vereinen tausende Menschen ersoffen sind. Wer anderes behauptet betreibt Stimmungsmache, auch, wenn er diese Argumentation als “realistisch” bezeichnet.

  • Piedro

    |

    @Joachim Datko
    “Die Anzahl der Versuche ist in Australien daher gering. Die Bootsflüchtlinge können jederzeit die Heimreise antreten. Es handelt sich um relativ wenige Menschen.”
    Ich weiß, dass Sie da nicht falsch informiert sind, weil Sie bereits in der Vergangenheit mit den Fakten konfrontiert wurden. Das hindert Sie jedoch nicht daran diese Lüge zu wiederholen. Keiner, der in einem der außerterritorialen Gulags gelandet ist, kann noch irgendwas. Diese Menschen sitzen ohne Versorgung, ob Nahrung oder medizinische Betreuung, Energie oder Kleidung fest. Keiner schützt sie vor Gewalt, Vergewaltigung, Verstümmelung, auch Mord sind an der Tagesordnung. Die australische Regierung fühlt sich nicht verantwortlich, passiert ja nicht auf dem eigenen Staatsgebiet. Aber es kann ja jeder wieder zurück, woher er kam, ist schon klar.

    https://www.tagesspiegel.de/kultur/internierungslager-fuer-fluechtlinge-australiens-schande/25041112.html
    https://www.dw.com/de/australien-schließt-grenzen-für-kranke-lager-flüchtlinge/a-51526030

    Hier kommt ein Betroffener zu Wort, ein Opfer dessen, was Sie für ein Vorbild für Europa halten:
    https://taz.de/Australiens-rigide-Asylpolitik/!5686289/

    Auch Kinder werden diesen Folterlagern ausgesetzt.
    “„Viele Kinder leiden unter einem traumatischen Rückzugssyndrom, sie existieren in einem halbkomatösen Zustand, sie können nicht essen, trinken oder sprechen“, erzählt der australische Leiter von Ärzte ohne Grenzen, Paul McPhun. Die Organisation musste die Insel in diesem Monat auf Geheiß der australischen Regierung verlassen.”
    “Ein Mädchen klagt empört: „Ein zehnjähriger Junge hat drei Mal versucht sich umzubringen. Das darf nicht sein!“”
    “„Als ich diese Kinder besuchte, lagen sie im Bett. Sie haben nicht mehr genug gegessen oder getrunken, um zu überleben. Viele konnten nicht mehr auf Toilette gehen, sie haben sich eingenässt und eingekotet. Und wenn ich versucht habe, mit ihnen zu reden, haben sie nicht geantwortet. Sie haben einfach durch mich hindurch gestarrt.“
    “Es gibt kein anderes Land auf der Welt, das Kindern das antut“, erzählt die Krankenschwester Alanna Maycock, die auf der Insel gearbeitet hat. „Ich war nur fünf Tage dort – und ich habe jetzt Albträume…”
    https://www.deutschlandfunk.de/protest-gegen-australische-fluechtlingslager-kein-anderes.1773.de.html?dram:article_id=431340

    Bei allem Respekt, Herr Datko, aber das als leuchtendes Beispiel erfolgreicher Flüchtlingspolitik anzuführen kann ich nur mit Worten bewerten, die sehr weit von dem entfernt sind, was hier zugelassen wird.

  • joey

    |

    “Vorher” wurden die Menschen losgeschickt mit großen Schiffen oder Kuttern, die für eine letzte Fahrt bei Schönwetter noch relativ plausibel waren. Aber schon damals wurde in vielen Fällen westeuropäische Humanität knallhart einkalkuliert.

    Es müssen immer so viele überleben, daß genügend Erfolgsmeldungen zuhause ankommen und sich weitere auf den Weg machen. Wären alle ertrunken, hätte sich das bald rumgesprochen. Das ist ein kalkuliertes Geschäft.

  • Piedro

    |

    @joey
    Nehmen wir mal an das würde stimmen. Was ist das Fazit? Inhuman bis zum Anschlag, damit keiner mehr mit “westeuropäischer Humanität” kalkuliert? Seenotrettung einstellen würde nicht reichen. Flüchtlingsboote versenken? Die Passagiere mit der “westeuropäischen Humanität” über Bord werfen, das Ertrinken filmen und verbreiten? Auch das würde wohl nicht alle abschrecken.
    Kennen Sie das? “‘Zieh lieber mit uns fort, wir gehen nach Bremen, etwas besseres als den Tod findest du überall.”

  • beobachter

    |

    <<<

    “Vorher” wurden die Menschen losgeschickt mit großen Schiffen oder Kuttern, die für eine letzte Fahrt bei Schönwetter noch relativ plausibel waren. Aber schon damals wurde in vielen Fällen westeuropäische Humanität knallhart einkalkuliert.

    Es müssen immer so viele überleben, daß genügend Erfolgsmeldungen zuhause ankommen und sich weitere auf den Weg machen. Wären alle ertrunken, hätte sich das bald rumgesprochen. Das ist ein kalkuliertes Geschäft.
    <<<

    Es geht nicht ums Retten. Das kann und soll man tun. Es geht darum, dass diese Menschen eine Zuwanderung nach Deutschland erzwingen wollen. Die riskieren dafür nicht nur ihr Leben, sondern teilweise auch das ihrer Kinder.

Kommentare sind deaktiviert

drin