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Streit um Krankenhaus-Defizit

Die letzte Schlacht des Norbert Hartl

Wegen einer Aussage von SPD-Fraktionschef Norbert Hartl wurde diese Woche die Koalitionskrise ausgerufen. Doch ob die Koalition nun bricht oder nicht: Für den SPD-Strategen Hartl scheint derzeit alles nach Plan zu laufen.

Die Wahl 2014 immer im Blick: SPD-Fraktionschef Norbert Hartl. Foto: Archiv/ as

„Ich habe überhaupt nichts gemacht. Das ist alles konstruiert. Ich sag dazu nichts mehr.“ Selten ist Norbert Hartl so kurz angebunden. Doch im Moment steht der SPD-Fraktionschef unter Druck. Im Rahmen einer eigens einberufenen Pressekonferenz hat Oberbürgermeister Hans Schaidinger am Montag von Hartl eine Entschuldigung verlangt. „Sonst werde ich die Zusammenarbeit beenden.“ Eine Koalitionskrise? „Die Zahl möglicher Koalitionskräche ist längst nicht ausgeschöpft“, meint Schaidinger. Das Ende der Zusammenarbeit beziehe sich zunächst nur auf Hartl. Dabei wirkt Schaidinger gelassen. Ganz im Gegensatz zum SPD-Fraktionschef, der sich als verfolgte Unschuld wähnt. Worum geht es?

„Wildgewordener Wahlkämpfer im Kleinformat“

Vergangene Woche wurde im Stiftungsausschuss das Defizit des Evangelischen Krankenhauses verhandelt. Das fuhr im vergangenen Jahr rund 1,5 Millionen Euro Miese ein, die von der Evangelischen Wohltätigkeitsstiftung – Träger ist die Stadt Regensburg – ausgeglichen werden. Der entsprechende Beschluss im Ausschuss fiel einstimmig.

Ein Journalist der Mittelbayerischen Zeitung fragte dennoch mal nach, was Hartl von dem Defizit halte, und der sagte – mit Blick auf den Leiter der Stiftung, Dr. Helmut Reutter: „Ich glaube, dass er das nicht im Griff hat.“

Norbert Hartl und Hans Schaidinger freundlichen Plausch. Diese glücklichen Zeiten sind schon länger vorbei. Foto: Archiv/ as

Das brachte den Oberbürgermeister auf die Palme. Hartl habe keine Ahnung. Er sei ein „wildgewordener Wahlkämpfer im Kleinformat“, so der OB zur MZ. Am Montag präsentierte Schaidinger zusammen mit Reutter eine umfangreiche Palette an Informationen, die belegen sollten: Das Defizit ist weder etwas Ungewöhnliches, noch hat es etwas mit der Person Helmut Reutter zu tun (hier die Pressemitteilung).

Gleichzeitig ließ Schaidinger Kopien einer handschriftlichen Erklärung von Hartl verteilen, in der dieser – nach Verhandlungen im Koalitionsausschuss – seine Aussage konkretisierte: „Der Geschäftsführer hat die Kosten nicht im Griff“, lautet die so bereinigte Aussage. Schaidinger: „Das ist genau so bodenlos. Und es ist falsch. Man soll – verdammt nochmal – wenn man etwas sagt, verdammt nochmal etwas wissen.“ Er, Schaidinger, werde solche Angriffe auf städtische Mitarbeiter nicht mehr dulden. Auch „die Zeit des Vorwahlkampfs“ habe ihre Grenzen und außerdem: „Das ist nicht das erste Mal.“ Erst unlängst hätte man sich vom städtischen Hochbauamt schriftlich über den Umgangston beklagt, den da mancher Stadtrat pflege. Mit „mancher“, das ist ein offenes Geheimnis, ist insbesondere Hartl gemeint.

„Ich hab doch gar nichts gesagt…“

Der SPD-Fraktionschef will aber in seiner Aussage zum Evangelischen Krankenhaus überhaupt keinen Angriff auf Reutter gesehen haben: „Wenn ich sage, dass er die Kosten nicht in den Griff bekommt, dann sagt das doch nichts über die Qualifikation des Geschäftsführers aus, oder?“ Das werde „jetzt hochstilisiert zu einem Staatsakt“. Sich entschuldigen oder etwas zurücknehmen werde er nicht, so Hartl nach einer mehrstündigen Sitzung der SPD-Fraktion. „Die SPD wird in Ruhe in der Koalition weiter arbeiten. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“

Für Norbert Hartl ist der bevorstehende bzw. eigentlich bereits laufende Kommunalwahlkampf eine Herzensangelegenheit und irgendwie auch die Aufarbeitung eines Traumas. Haftet ihm doch – nicht nur Alt-Sozis wissen das – immer noch der Makel an, als damaliger Fraktionschef die Wahlniederlage von SPD-Oberbürgermeisterin Christa Meier 1996 gegen Hans Schaidinger mitverschuldet zu haben. Bereits kurz nach den Koalitionsverhandlungen 2008 und der Wahl von Joachim Wolbergs zum Bürgermeister hatte Hartl denn auch das Ziel „Oberbürgermeister Wolbergs 2014“ ausgegeben.

Kommunalwahl 2008: Das schlechteste Ergebnis für die SPD seit dem II. Weltkrieg. Trotzdem regiert man mit. Das damals von Hartl ausgegebene Ziel Oberbürgermeister Wolbergs 2014. Foto: Archiv/ Staudinger

Seitdem hat er daran gearbeitet, die Partei auf Linie zu bringen, nach außen ein Bild von Geschlossenheit und Stabilität zu vermitteln. Auf der anderen Seite hat er sich mit Hans Schaidinger arrangiert, zu dem er zu Oppositionszeiten noch eine intensive Feindschaft pflegte. Das ist Hartl, das weiß jeder, beileibe nicht leicht gefallen.

Doch vorläufig scheint alles gut funktioniert zu haben. Der Wahlkampf von Joachim Wolbergs läuft auf Hochtouren. Schon früh wurde er als Kandidat präsentiert. Seit Jahresanfang gibt es eine eigene Seite des Bürgermeisters nebst Blog, jede Menge Veranstaltungen und Werbematerial, das bei Infoständen und Festen eifrig verteilt wird. Ein von Hartl und Wolbergs eingesetztes Strategieteam koordiniert das alles – zum Teil mit, zum Teil abseits von Parteichefin Margit Wild. Auf jeden Fall ohne parteiinternen Widerspruch. Auch Geld scheint vorhanden zu sein.

Die Wahl 2014: Bislang „a gmahte Wiesn“

Dazu hat die SPD als Konkurrenz eine zerstrittene CSU ohne OB-Kandidaten. Viele Fotos des Sozialbürgermeisters mit Kindern und Senioren erscheinen tagtäglich in der Mittelbayerischen Zeitung, die Wolbergs zum Liebling der Massen erkoren hat. Kurz gesagt: Die Sozialdemokraten finden das vor, was man „A gmahte Wiesn“ nennt.

Der Wahlkampf der SPD läuft bereits seit geraumer Zeit auf Hochtouren. Und er läuft gut. Hat Hartl vor Euphorie übers Ziel hinaus geschossen?

Jetzt wird das Profil geschärft

Einziges Problem ist das nach wie vor fehlende Eigenprofil in der Öffentlichkeit.

Immer öfter versucht die SPD-Fraktion in Person des Bürgermeisters oder des Fraktionschefs deshalb, sich – Koalition hin, Koalition her – gegenüber der CSU abzugrenzen und als die bessere Wahl zu präsentieren. Unvergessen ist etwa Hartls Auseinandersetzung mit Bürgermeister Gerhard Weber darüber, wer nun die bessere Schulpolitik für Regensburg zu verantworten habe. Auch beim sozialen Wohnungsbau und der Entlohnung städtischer Pflegekräfte wagt man sich nach und nach aus der Deckung. Motto: Schaidinger-CSU – nur besser, sozialer und irgendwie anders.

Immer öfter sickern Meinungsverschiedenheiten aus den ansonsten streng vertraulichen Koalitionsgesprächen an die Öffentlichkeit – zugunsten der SPD. Bislang gab es dafür nur gelegentliche Rüffel (für Wolbergs oder Hartl), kurzfristige Gegenschläge (wie etwa bei der Debatte um Betreuungsplätze) oder folgenlose Ansagen des CSU-Fraktionschefs, dass das Vertrauensverhältnis in der Koalition gestört sei. Ansonsten lief der Wahlkampf für die Genossen blendend. Dahinter steht Hartl als Stratege, aber auch als Einpeitscher innerhalb der Partei. Ein Problem dabei: Der Fraktionschef vergreift sich bisweilen im Ton.

Koalitionsbruch: Für die SPD kein Beinbruch

Hat ihn nun im Eifer des Gefechts der Hafer zu sehr gestochen? Hat Hartl beim Evangelischen Krankenhaus übers Ziel hinaus geschossen? Oder lässt man es ganz kalkuliert zum Bruch kommen, dem man dann dem als undiplomatisch und bärbeißig verschrieenem OB und der zerstrittenen CSU in die Schuhe schieben wird?

Immerhin ist es bezeichnend, dass Hartl zu Schaidingers Ausführungen zum Evangelischen Krankenhaus nichts mehr erwidert, sondern seine Aussage nicht als Wertung verstanden haben will. Joachim Wolbergs zu Hartl: „Eine solche Aussage wird ein Stadtrat noch machen dürfen, ohne dass es gleich derart heftige Reaktionen gibt.“

Ebenfalls mehrere Stunden tagte am Montag die CSU-Fraktion. Ein Ergebnis war bis Redaktionsschluss nicht zu vermelden. Doch ob nun mit oder ohne Bruch der Koalition: Die Bandagen im Wahlkampf werden – eineinhalb Jahre vor dem Urnengang – zunehmend härter. Und wenn es für Wolbergs klappt, und Hartl dann immer noch Fraktionschef ist, wird er viel sagen, aber auf keinen Fall: „Ich hab überhaupt nichts gemacht.“

Ostengassenfest

Ein Fest im geschundenen Viertel

Es war vermutlich das letzte Mal, dass die Rasenfläche am Donaumarkt der Öffentlichkeit zur Verfügung stand. Beim Ostengassenfest konnten die Besucher die Atmosphäre dieses Viertels wieder einmal kennenlernen. Geplante Luxusbuden und das Bayernmuseum werden der Gemütlichkeit dort aber bald ein Ende bereiten.

Pseudo-Prominenz ohne Rückgrat

Fürstliches Dschungelcamp

Schlossfestspiele: Der fürstliche „Überraschungsgast“ Viktor Orbán erregt weiter die Gemüter. Zumindest bei manchen. Betrachtet man aber, wen Gloria in der Vergangenheit von den Festspielen profitieren ließ, ist Orbáns Einladung nur konsequent. Dem Gros der Pseudo-Prominenz ist das egal.

Kulturausschuss: Stadtarchiv und Koordnationsstelle in der Kritik

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Klemens Unger ist ja gerne mal der Prügelknabe für alles Mögliche, was im Kulturbereich in Regensburg schief läuft. Häufig fällt es dem Kulturreferenten auch schwer, sich aus den Miseren, die ihm – sei es zu Recht oder zu Unrecht – angedichtet werden, rauszuwinden. Ganz anders in der letzten Sitzung des Kulturausschusses: Diplomatisch, aber unmissverständlich distanziert sich Unger von den personellen Problemfällen seines Hauses, allen voran von Dr. Martin Angerer. Der ist in letzter Zeit vor allem durch Abwesenheit und eine weiße Seite im Jahresbericht 2011 des Kulturreferats aufgefallen. Schützenhilfe bekam Unger dabei von Bürgermeister Joachim Wolbergs, der ungewöhnlich deutliche Worte fand.

Bayern-Museum

Wettern gegen Schiffe, Rampen und Spekulanten

Das wird super (meint die Stadt). Das wird ein Krampf (meinen Bürgerinitiativen). Das wird schon gut und wenn es schlecht wird, dann kann ich nix dafür (mein Richard Loibl). 2018 soll das Museum für bayerische Geschichte am Donaumarkt eröffnet werden. Darüber, wie dieses Museum und dass Umfeld aussehen wird, wurde am Donnerstag diskutiert. Mit viel Verve und ohne Annäherung.

Sozialer Wohnungsbau

Das Jammern der Bauträger

Da könnten einem fast die Tränen kommen: Mit dem Bau von Wohnungen scheint man in Regensburg einfach kein Geld verdienen zu können. Die hohen Energiestandards, barrierefrei soll heute alles sein, womöglich noch hochwertiges Material und dann will die Stadt die Bauträger noch mit einer Sozialwohnungsquote von 15 Prozent belasten. Da bleibt doch kaum noch was zum Leben übrig.

Gegen das Totschweigen

Domspatzen gründen Missbrauchs-Archiv

Die Mauer des Schweigens in der Diözese Regensburg will eine Gruppe ehemaliger Domspatzen nun durchbrechen. Vergangenes Wochenende trafen sie sich im Altmühltal und brachten ein Archiv auf den Weg, in dem sie möglichst viele Fälle sexuellen Missbrauchs dokumentieren und veröffentlichen wollen. Dem eben nach Rom beförderten Gerhard Ludwig Müller bescheinigen sie: „Er hat es nicht mehr verdient, als ‘Seelsorger’ bezeichnet zu werden.“

Serie: Die Reise der Regensburger Ballonauten

Die politischen Sachsen

Nach eineinhalb Monaten Pause setzen wir unsere Ballonauten-Serie fort. Mit einem Riesenfussball reisten die Regensburger Jakob Schmid und Franz Berzel 1932/ 33 kreuz und quer durch Deutschland. Zwischenzeitlich haben das Fußball-Magazin Elf Freunde und das Magazin MUH sich in längeren Berichten der beiden Ballonauten angenommen. Wir in loser Folge veröffentlichen das Tagebuch der beiden Ballonauten.

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