Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
Petition übergeben

Über 1.000 Unterschriften für ein Quartierszentrum

Rund 1.000 Unterschriften für ein echtes Quartierszentrum im ehemaligen Wirtschaftsgebäude der Nibelungenkaserne hat der Bürgerverein Süd-Ost gesammelt. Die Oberbürgermeisterin hatte keine Zeit, um sie persönlich entgegenzunehmen.

„Das letzte Wort darf hier noch nicht gesprochen sein.“ Johann Brandl bei der Übergabe der Unterschriften. Foto: om

Die Oberbürgermeisterin habe eine Videokonferenz. Vielleicht komme sie noch, vielleicht auch nicht, hat man Johann Brandl mitgeteilt. Der Vorsitzende des Bürgervereins Süd-Ost ist am Freitagnachmittag mit einigen Mitstreitern vors Alte Rathaus gekommen, um Gertrud Maltz-Schwarzfischer die Petition „Für ein Quartierszentrum im Wirtschaftsgebäude der ehem. ‚Nibelungenkaserne‘“ zu übergeben. 1012 Unterschriften sind es geworden. Angesichts der pandemiebedingten Einschränkungen sei das ein schöner Erfolg, sagt Brandl. Ursprünglich hatte man mit 400 oder 500 Unterstützerinnen und Unterstützern für dieses stadtteilbezogene Thema gerechnet. Doch tatsächlich habe der Bürgerverein dadurch sogar noch ein paar zusätzliche Mitglieder gewonnen.

WERBUNG

Hintergrund der im Januar gestarteten Petition sind die Pläne, in dem denkmalgeschützten Gebäude und auf der 12.300 Quadratmeter großen Fläche nur einen kleinen Nahversorger, Gastronomie und ansonsten ausschließlich Büroräume unterzubringen – entgegen der Ausschreibungskriterien der Stadt Regensburg. Wir haben mehrfach darüber berichtet.

Nutzung fällt weg, günstiger Preis bleibt

Diese sahen zunächst einen großen Nahversorger, Gastronomie und eine Kantine, ein Drei-Sterne-Hotel, 200 bis 300 Quadratmeter Schulungsräume für „Technik für Kids“ sowie öffentliche Nutzung des großen Saales für Vereine oder Ausstellungen.

Die Fläche vor dem Wirtschaftsgebäude wurde mittlerweile bereits gerodet. Foto: om

Brandl kritisiert im Vorfeld der Unterschriftenübergabe, dass die Planungen abseits der interessierten Öffentlichkeit und auch nur in sehr geringem Umfang mit Beteiligung des Stadtrats vonstatten gegangen seien. Zunächst sei per Stadtratsbeschluss eine umfangreiche öffentliche Nutzung des Wirtschaftsgebäudes vorgesehen gewesen. Wegen der angedachten sozialen Nutzung sei der Kaufpreis auch geringer als üblich ausgefallen – dem Vernehmen nach waren es rund drei Millionen Euro. Der Preis blieb, doch die soziale Nutzung gebe es nun nicht mehr, so Brandl.

Es gebe mit dem Schulzentrum, RUBINA oder dem Stadtteilprojekt W.I.R. auch sehr begrüßenswerte Einrichtungen auf dem Areal, doch müsse man auch das Schlechte ansprechen. So etwa ein Parkhaus, „das niemand nutzen kann“ oder eben die fehlende öffentliche und soziale Nutzung des ehemaligen Wirtschaftsgebäudes. Er befürchte auch, so Brandl, dass sich bei der Neuplanung der Prinz-Leopold-Kaserne Ähnliches wiederholen könnte.

Stadtrat findet Vorgehen „manipulativ“

Ribisl-Stadtrat Jakob Friedl ärgern die Planungen am Gelände der Nibelungenkaserne schon lange. Warum habe die Stadt das Areal überhaupt verkauft? Man habe es verpasst, überhaupt mit dem Käufer zu verhandeln. Stattdessen verzichte sie lieber auf Geld und traue sich nicht vom Investor etwas einzufordern, mit dem Argument, dass dieser dann abspringen könnte. „Ich fände es gut, wenn der Investor abspringt,“ so Friedl.

Stadtrat Jakob Friedl gehört zu den schärfsten Kritikern der aktuellen Pläne. Foto: om

Außerdem bemängelt er, dass die Stadtratsvorlagen in den verschiedenen Planungsphasen nicht deckungsgleich seien. Manchmal verschwinde einfach ein Kriterium, das zuvor noch drin gestanden sei. Er finde das „manipulativ“.

„Systemversagen“

Joachim Buck vom Aktionsbündnis Haus für Engagement, der früher selbst bei der Stadtverwaltung tätig war, kennt die entsprechenden Verfahrensabläufe. Der Stadtrat habe sich unter einem Quartierszentrum etwas ganz anderes vorgestellt, als das, was nun gebaut werden solle. Mit Blick auf dem Umstand, dass die öffentliche Nutzung an Fehlern im Planungsreferat scheiterte – die festgelegten Lärmschutzkontingente geben eine solche nicht her, lautet die Begründung – spricht Buck von „Systemversagen“. Entsprechende Fehler habe die Stadt zwar eingeräumt, allerdings habe hierfür „niemand die Verantwortung übernommen“.

Joachim Buck bemängelt ein “Systemversagen” für das niemand Verantwortung übernommen habe. Foto: om

In einer entsprechenden Stadtratssitzung wurde dies zwar allfällig bedauert. Änderungen oder gar neuerliche Verhandlungen mit dem Investor aber stellte die Oberbürgermeisterin nicht in Aussicht. Anders als Brandl vertraut Buck aber darauf, dass bei der Prinz-Leopold-Kaserne nicht die gleichen Fehler passieren werden. Nötig sei aber, dass Abläufe zwischen Verwaltung und Stadtrat transparenter werden.

Die Oberbürgermeisterin, die in der Angelegenheit vor allem die Verwaltung in Schutz genommen hatte und allenfalls zögerlich Fehler eingeräumt hatte, erscheint am Ende nicht, um die Unterschriften entgegenzunehmen. Brandl geht nach drinnen und gibt sie ab. „Das letzte Wort darf hier noch nicht gesprochen sein“, sagt er.

Print Friendly, PDF & Email

SUPPORT

Ist dir unabhängiger Journalismus etwas wert?

Dann unterstütze unsere Arbeit!
Einmalig oder mit einer regelmäßigen Spende!

Per PayPal:
Per Überweisung oder Dauerauftrag:

 

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14 7509 0000 0000 0633 63
BIC: GENODEF1R01

Kommentare (9)

  • Mr. T.

    |

    Ein Stadtrat, noch dazu der fleißigste von allen, steht vor dem Rathaus und wartet mit den Bürgervertretern vergeblich auf die OB. Traurig! Während woanders noch in Regierende und Opponierende unterschieden wird, scheint es hier so zu sein, dass es die gibt, die entscheiden was passiert, und die, die ersteren dabei lästig sind.

    Es ist definitiv ein Skandal, wenn wieder einmal ein Investor unter falschen Voraussetzungen eine Ausschreibung gewinnt, und nachher wieder einmal so ganz zufällig vor massiven geldwerten Vorteilen steht. Wenn man verhindern will, dass der Geschmack die ganze Stadtluft verpestet, muss man entweder Wege suchen, um es dem Investor doch noch zu ermöglichen, die ursprünglichen Anforderungen zu erfüllen, oder das Geschäft rückabwickeln. Aber mit einem Bedauern und Achselzucken einfach so zur Tagesordnung überzugehen weil der Schaden eh nur bei der Bürgerschaft liegt, geht gar nicht.

  • Julian86

    |

    Man/Frau hat immer Zeit. Es ist eine Frage der persönlichen Gewichtung. Was ist mir als OB wichtig?

  • Stichwähler

    |

    Sollte es bei der nächsten OB Wahl wieder zu einer Stichwahl zwischen CSU und SPD kommen werde ich nicht mehr das kleinere Übel wählen, ist augenscheinlich nämlich keins sondern genau dasselbe wie schwarz nur rot zum Schein lackiert.
    Dann lieber Nichtwähler kommt sowieso auf dasselbe raus.

  • KW

    |

    @Stichwähler
    Nur weil die aktuelle OBin eine genause herbe Enttäuschung wie ihr Vorgänger ist, bedeutet Nichtwählen trotzdem die denkbar schlechteste Option. Das wird mir in meinem Leben garantiert nicht passieren, nicht zu wählen wenn ich eine Wahl habe.
    Und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, vielleicht erleben wir ja mal eine gute OB*In in der Zukunft (man darf ja noch träumen).

  • Richard

    |

    Warum immer diese künstliche Entrüstung wenn zu spät ist? „Systemversagen“ ? Was soll man den z Z beim Corona-Management sagen?

  • BÜSOj

    |

    Vielen Dank für die unermüdliche und immer sehr kompetente Berichterstattung.
    Wir bleiben am Ball und hoffentlich auch RD und seine Leser.
    Johann Brandl
    Vorstand

  • Jakob Friedl

    |

    Bei der Aufzählung der Kriterien der Ausschreibung (2015) und des Angebots des verwaltungsintern ausgewählten Investors (2016) nicht zu vergessen ist das Vorhalten einer öffentlichen Kantine in einem weiteren Saal im Casinogebäude für täglich 500-750 Mittagessen. Wie alle anderen festgeschriebenen Nutzungen ebenfalls für 20 Jahre dinglich zu sichern, genauso wie die Eigentumsverhältnisse. Nichts davon ist wurde festgeschrieben. Nichts davon wird realisiert.

    Ich schreibe „nicht zu vergessen“, da, als ein Jahr später (2017) der Grundstücksausschuss und der Stadtrat über die Bewertung der Verwaltung in Kenntnis gesetzt wurde, bereits die 500qm a 8€/qm von der Stadt anmietbaren Werkstatträume (Technik for Kids) in der Beschlussvorlage als Ausschreibungskriterium nicht mehr aufgeführt waren. Da die Beschlussvorlage in Anlehnung an den vorangegangenen Beschluss (2015) zur Durchführung eines Wettbewerbs explizit die Ausschreibungkriterien aufzählt, diese aber nur unvollständig zitiert und dazwischen ausschließlich Gespräche mit dem ausgewählten Investor stattgefunden haben, in denen konkrete Ansprüche der Stadt ersatzlos gestrichen wurden, kann hier nur von einer einseitigen Manipulation des Stadtrats gesprochen werden. So ein Vorgehen ist regelwidrig, im Falle etwaiger Korruption sogar strafbar.
    In der selben Vorlage wurde der Grundstücksausschuss (Der Stadtrat bekam einen Tag später gar keine angehängten Unterlagen zu sehen!) bereits 2017 mit der angehängten Visualisierung des Investors (laut Wortmeldung des damaligen Finanzreferenten die einzige unter den Wettbewerbseinreichungen, was nachweislich falsch ist) geblendet: Für 500qm „Technik for Kids“ war sogar ein zusätzlicher Zugang, als Tunnel ins EG bzw. UG mit Zugang vom Parkplatz eingezeichnet – neben einem Brunnen. Die Gestaltung des Vorplatzes wurde viel gelobt, während die eigentliche Umsetzung entscheidender Elemente bereits hinfällig war, worauf die Stadträt*innen jedoch nicht aktiv hingewiesen wurden. (Vielleicht erschließt sich angesichts des ebenfalls weggefallenen Tunnels zu den Werkstatträumen nun die Dramaturgie meines Videos “Zocken im Stadtrat” noch besser: Unterirdischer Tunnel, Raum der Verhandlung, überirdische Ansicht auf einen unterirdischen Vorgang. https://youtu.be/vRrgUMu7_Tw )

    Es gilt festzuhalten: Es hat nie ein Stadtratsgremium darüber entschieden, dass die Stadt auf diesen geldwerten Vorteil von billig anmietbaren Räumen verzichtet. Dem Investor hingegen wurden diverse zu realisierende Nutzungen bereits im Vorfeld einfach so, ohne Verhandlung und Ausgleich, erlassen und zusätzliche Supermarktfläche zugesichert. Was hat der Bauantrag eigentlich noch mit der Konzept-Ausschreibung und dem ausgewählten Angebot zu tun?
    An diesem Grundstücksgeschäft ist von Anfang an alles Mögliche krumm, was schon bei der fehlerhaften Bewertung der Angebote beginnt und nun mit dem Verzicht auf das Saalnutzungsrecht zu Ende gebracht wird. Nachfragen nach dem genau hierfür eingerichteten und vertraglich gesicherten Rückkaufrecht werden konsequent nicht beantwortet.

    Mit dem billigen Erwerb und der Aufgabe der Ausschreibungskriterien wird nicht nur völlig grundlos und nicht nachvollziehbar der Investor in vielerlei Hinsicht begünstigt, die Stadt entledigt sich damit auch der öffentlichen Zugänge zum sogenannten Quartierszentrum, das nicht nur in der Ausschreibung, sondern auch im Bebauungsplan 102 (neu) mit entsprechenden kulturellen, sozialen und vielfältigen gewerblichen Nutzungen beschrieben wird.
    Das zentrale und für öffentliche Nutzungen prädestinierte und eigentlich vorgesehene Gebäude liegt zwischen zwei Kindertagesstätten „Campus Nibelungenareal“, dem Vorzeigeprojekt RUBINA, der BOS, dem Tech Campus, dem Bauspielplatz, der verschärften BMX Bahn, den Gemeinschaftsgärten, den Wohnvierteln und em Fußweg von der Humboldstraße in die Stadt. Der Standort für ein echtes Quartierszentrum ist ideal – die zukünftige Nutzung banal und uninspiriert kommerziell.

    Ich möchte daran erinnern, dass andere Bieter ausschließlich soziale und kulturelle Nutzungen in den Bestandsgebäuden des zukünftigen Quartierszentrums vorgesehen haben: Kleine Läden, Werkstatt- und Bandräume, Repaircafe, das Dokuzentrum „Nato Pause“ etc..

    Der Weg zu den „Nibelungenterassen“ ist gepflastert mit Regelwidrigkeiten. Es ist schwer vorstellbar, dass hier Korruption keine Rolle gespielt hat. Es sei darann erinnert, dass zur selben Zeit auch die Vergabe an Tretzel stattgefunden hat, der bauen durfte ohne die Vorgaben des „Energiekonzept für das Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne in Regensburg“ beachten zu müssen. Die Stadtverwaltung hat dem Bauteam Tretzel sicherlich einen Gefallen damit getan, das eigens erstellte Energiekonzept nicht wie vorgesehen in den B-Plan 102 zu übernehmen, vgl.: https://ribisl.org/wp-content/uploads/2021/03/energiekonzept-nibelungenkaserne-kurzfassung.pdf

  • Mr. T.

    |

    Herr Friedl, Hanlon gebietet: „Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist“

    Gut, nach Ihren Ausführungen kann man nur feststellen, dass das ganze Vorgehen entweder hochgradig korrupt oder einfach nur extrem saudumm war. Ich kann mich aber noch nicht entscheiden, was mir jetzt lieber wäre, wenn es rauskommt.

Kommentare sind deaktiviert

drin