Bürgermeisterinnen-Stimme rettet LERAG-Extrawurst
SPD-Einzelkämpfer Norbert Hartl hätte am Mittwoch fast dafür gesorgt, dass der Beschluss zum Bebauungsplan für das LERAG-Areal im Stadtosten verschoben und nachverhandelt worden wäre. Am Ende hatte die Koalition gerade eine Stimme Mehrheit.
„Sie können das schon ablehnen, aber dann bitte ich, künftig keine so großen Sprüche mehr zu machen, wenn es um sozialen Wohnungsbau geht“, sagt Norbert Hartl zu Abschluss seines etwas längeren Redebeitrags. Und man merkt, dass es ihn wurmt, dass er nur noch begrenzte Einflussmöglichkeiten hat. Es ist still geworden um den 71jährigen, seit er im April 2017 wegen der Vorwürfe in der Korruptionsaffäre seinen Posten als Fraktionschef der SPD niedergelegt und zeitgleich Fraktion und Koalition den Rücken gekehrt hat. Lediglich in Zusammenhang mit der aktuellen Anklage fällt sein Name noch. Und öffentlich geäußert hat er sich schon lange nicht mehr. Als Einzelstadtrat hat Hartl keinen Sitz und damit kein Stimm- und Rederecht bei Ausschusssitzungen im Regensburger Stadtrat. Lediglich einmal im Monat, wenn sich das gesamte Plenum trifft, kann er sich zu Wort melden – zwei Mal pro Tagesordnungspunkt – und diese Gelegenheit nutzt er am vergangenen Mittwoch bei TOP 6.
Hartl: Verwaltung soll sozialen Wohnungsbau nachverhandeln
Hier sollte die Bebauung des LERAG-Areals im Stadtosten die letzte Hürde nehmen und der Bebauungsplan nebst Satzung endgültig beschlossen werden. Eigentlich eine reine Formsache. Doch am Ende konnte die Koalition mit gerade mal einer Stimme Mehrheit verhindern, dass der Beschluss zurückgestellt und die Verwaltung mit Nachverhandlungen zum öffentlich geförderten Wohnungsbau auf dem Gelände beauftragt wurde. Einen entsprechenden Antrag hatte Hartl gleich zu Beginn der Debatte gestellt.
Wie berichtet, wurden dem „Immobilien Zentrum Regensburg“ (IZ) auf dem Areal eine Reihe von Sonderregelungen und Ausnahmen bei der Bebauung bewilligt. Einerseits, was die Höhe und Dichte der Bebauung anbelangt, andererseits beim eigentlich verpflichtend vorgeschriebenem Bau von öffentlich gefördertem Wohnraum. Einerseits wurde zur Berechnung der aktuell gültigen „Sozialquote“ von 20 Prozent nicht die gesamte Wohnfläche herangezogen, sondern lediglich jene des Geschosswohnungsbaus. Damit wurde dem IZ der Bau von etwa 30 öffentlich geförderten Wohnungen komplett erspart.
Ein „Kompromiss“, aber „kein Zugeständnis an den Investor“ sei das gewesen, lautet dazu eine Rechtfertigung aus dem Planungsreferat. Andererseits durfte das IZ mehr als die Hälfte der zu bauenden Sozialwohnungen vom lukrativen LERAG-Areal weg hinauf zum Baugebiet am Brandlberg verlegen. Eine Regelung, die unter anderem für deutliche Kritik vom „Architekturkreis Regensburg“, aber auch dem Bürgerverein Südost gesorgt hatte.
“Man hätte mehr geförderte Wohnungen durchsetzen können.”
Hartl bedauert am Mittwoch in seiner Wortmeldung, dass mehrere Vorschläge, die er 2015 zum sozialen Wohnungsbau auf dem Areal gemacht habe, im Bebauungsplan nicht umgesetzt worden seien. Zwar sei auch er damit einverstanden gewesen, einen Teil der öffentlich geförderten Wohnungen auf den Brandlberg zu verlegen. „Allerdings war niemand gehindert, im städtebaulichen Vertrag durchzusetzen, dass zusätzliche Wohnungen der dritten Förderstufe auf dem Gebiet gebaut werden müssen.“
Zur Erläuterung: Die aktuelle Sozialquote sieht Wohnungen für die unteren Einkommenskategorien I und II vor, Wohnungen der dritten Einkommensstufe richten sich dagegen an Normalverdiener. Erst kürzlich hatte die Bunten Koalition einen Grundsatzbeschluss gefasst, demzufolge zusätzlich zur bestehenden Sozialquote von 20 Prozent für EOF I und II, künftig weitere 20 Prozent der Stufe III errichtet werden müssen. Die Verwaltung wurde mit der Erarbeitung entsprechender Vorschläge beauftragt. Und es dürfte Hartl gewurmt haben, dass aus Koalitions- und SPD-Kreisen anlässlich dieses Beschlusses zu vernehmen war, dass dieser mit ihm als Fraktionschef und Oberbürgermeister Joachim Wolbergs im Amt wohl so nicht gefasst worden wäre. „Wer mir nachsagt, dass ich beim sozialen Wohnungsbau ein Bremser wäre, ist ein gemeiner Lügner“, zitieren Vertraute den früheren SPD-Fraktionschef.
“…die schlechteste Stelle im gesamten Baugebiet.”
Am Mittwoch fährt Hartl nun der Koalition in die Parade. Bei dem LERAG-Areal handle es sich um ein Gewerbegebiet und der Investor habe keinen Rechtsanspruch darauf, dass dieses in ein Wohngebiet umgewandelt werde. „Die Verhandlungsposition der Stadt wäre also nicht so schlecht“, sagt er in Richtung Verwaltungsspitze. Aber der aktuell vorgesehene soziale Wohnungsbau auf dem Gebiet sei „nicht ausreichend“.
“Das Gebäude liegt auf der schlechtesten Stelle im gesamten Baugebiet“, so Hartl. Die Freiflächen davor seien für den Kindergarten vorgesehen und damit für die künftigen Bewohner und deren Kinder nicht nutzbar. Außerdem gebe es „nullkommanull Beschränkungen“ bei der Miethöhe „wie zum Beispiel bei der Nibelungenkaserne“. Im Moment sei der Bebauungsplan ein Entwurf „pro Eigentumswohnungen und Reihenhäuser“. Ihm gehe es nicht darum, das gesamte Verfahren zu kippen, sondern um Nachverhandlungen zu einem zusätzlichen Wohnblock der Förderstufe III. „Dann kann man damit leben.“
Sichtlich verärgert reagiert Hartls Parteifreundin Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer. Hartls Antrag komme „sehr, sehr spät“. „Da hätten Sie schon viel früher was sagen können.“ Hartl gibt zurück, das habe er nicht gekonnt, früher sei er ja noch in der Koalition (und damit entsprechend gebunden) gewesen. „Im Oktober hätten Sie immer noch was anmerken können“, erwidert Maltz-Schwarzfischer. Nein, darauf Hartl. Damals sei der Bebauungsplan ja nur im Planungsausschuss behandelt worden, wo er ja kein Rede- und Stimmrecht mehr habe. Schlussendlich empfiehlt Maltz-Schwarzfischer aber – mit Unterstützung von Planungsreferentin Christine Schimpfermann – Hartls Antrag auf eine Verschiebung um vier Wochen abzulehnen. „Da würden wir um sehr, sehr viel Zeit zurückgeworfen“, so Schimpfermann.
22 zu 21 Stimmen
Als es dann ums Abstimmen geht, wird es knapp. Sieben Stadträte fehlen am Mittwoch – davon drei der Bunten Koalition. Am Ende – nachdem mehrfach nachgezählt wurde – wird Hartls Antrag mit 22 zu 21 Stimmen gerade so abgelehnt.
Damit ist die Retourkutsche des SPD-Einzelkämpfers für Bemerkungen, er hätte beim sozialen Wohnungsbau gebremst, zwar knapp gescheitert, der Koalition dürfte aber spätestens jetzt klar sein, dass sie sich künftig nicht mehr so ohne weiteres darauf verlassen kann, dass Beschlüsse, die früher reine Formsache waren, ohne weiteres durchgehen, und dass es nicht zwingend etwas nützt, sich – wie zuletzt mehrfach geschehen – im Vorfeld einer Sitzung zu Hartls Sitzplatz zu defilieren, um sich dessen Zustimmung zu sichern.Â
ula
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Hat sich nun was geändert gegenüber früher?
Mr. T
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Ja, ula, Hartl ist jetzt Oppositionsführer.
Lothgaßler
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Interessant ist das Argument von Frau Schimpfermann: „Da würden wir um sehr, sehr viel Zeit zurückgeworfen“-
Vier Wochen sind also “sehr, sehr viel Zeit”. Zudem scheint mir Frau Schimpfermann etwas zu verwechseln, denn ihre Formulierung mit “wir” (würden um sehr, sehr viel Zeit zurückgeworfen) scheint doch eher auf die Interessen des IZ gemünzt.
Frieda
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Ich hoffe nicht, dass manche Personen mit ihren Aufgaben sehr, sehr überfordert sind. Dem kann man aber abhelfen, in dem man sie bei der nächstbesten Gelegenheit ersetzt.
Giesinger
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Klasse Fotos kann dieser Herr Staudinger schießen. Das sind echte Momentaufnahmen. Wow, schau Dir mal den Hartl hier an, z.B….
Rosalia Genoveva
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Verhalten Nummer 1 vom Bonifaz, boi er stur sei Sach durchziagn mecht und ma wagts was zum sagen mechtn:
“Jetzt hab i ka Zeit, red ma später drüber!”(aber später is nia)
oder
“Was hastn das net beizeiten gsagt, wies no was gnutzt hätt!”
Ihr könnts euch net vorstelln, wie zerdeppert die Leut da dreischaun, wanns von ihm abgschasselt werdn!